Review: Der Gehörnte–eine Hommage an das Wilde im Mann, von Voenix

hornedone collage

Es ist ein sehr persönliches Buch geworden, das Voenix hier mit etwas Verspätung auf den Markt wirft. Dem Stil seiner “Götterhimmel” Bildbände folgend, diesmal aber im edlen Hardcover, befasst sich der deutsche Künstler – dessen Werke nicht nur in der Heidenszene Kultstatus besitzen – mit dem männlich Göttlichen in Form des “Gehörnten Gottes” und seiner vielfältigen Entwicklungen und Interpretationen innerhalb von Mythos und Religion. Ein Vorwort des Schweizer Magiers Akron leitet diese Odyssee durch Zeiten und Archetypen ein die bildgewaltig den Mythos des wilden Mannes innerhalb verschiedener Kulturen darstellt. Die Bilder – von denen einige sicher so manchem Fan aus anderen Veröffentlichungen bekannt vorkommen – werden hier mit sehr informativen Begleittexten versehen und mit persönlichen Fussnoten des Autoren gewürzt. Der Gehörnte innerhalb von Brauchtümern kommt hier ebensowenig zu kurz wie seine Interpretationen und Auftritte innerhalb der Medien. Sensibel und behutsam, stets nachdenklich und dennoch äusserst dynamisch scheut sich Voenix auch nicht die dunkle Seite der verdrängten Instinkte aufzugreifen die er in seinem Kapitel “Die Hörner des Bösen” aufklärend und spannend in das Gesamtwerk mit einbezieht. In neun Kapitel ist der bebilderte Band unterteilt….

Der Hirschkult und seine Ursprünge, Der Gehörnte im Mythos, Der Gehörnte im Volksglauben, Die Hörner des Bösen, Der Gehörnte in Film und Comic, Naturmystik, Mein persönlicher Weg, Der neue Gehörnte und Der Gehörnte tanzt wieder sind diese Abschnitte betitelt und auch die weibliche Sichtweise bekommt dank Gastschreiberinnen ihre Stimme, denn die Göttin darf und kann in einem solchen Buch nicht fehlen.

“Der Gehörnte” ist wirklich lesenswert und die Bilder sind – typisch Voenix – von einer starken, manchmal überzeichneten Sexualität geprägt in der vor allem bei der Zeichnung von Frauen wohl der persönliche Geschmack des Künstlers die Proportionen bestimmt. Das bei einem so direkten Werk auch beim Manne nichts ausgespart wird versteht sich hier von selbst und so konnte Voenix hier einige Bilder die er für andere Werke entschärfen musste, in voller Pracht zeigen. Das hier manche Bilder eher roh und archaisch wirken und andere wieder atemberaubend mit ihrer Mystik verzaubern ist ebenso eine Tatsache die man kennt, wenn man Voenix Karriere mitverfolgt hat.

Jedoch sollte man sich diesen Band nicht nur wegen der Bilder kaufen, denn der Autor hat hier – in seiner eigenen und gut verständlichen Sprache – jede Menge an Information und Hintergründen hinein gepackt die einen so schnell nicht loslassen und die immer dann bewegen, wenn Voenix diese mit persönlichen Sichtweisen und Anekdoten oder gar Gedichten bereichert. Es ist wahrlich ein Buch, und nicht einfach nur ein Bildband und wer hier nur die Bilder auf sich wirken lässt, der verpasst so einiges.

Obwohl durch und durch heterosexuell ist der Stil sehr respektvoll gehalten. Gleichwohl ist bei einer so umfassenden Beschäftigung mit dem männlich Göttlichen das Aussparen gleichgeschlechtlicher und bisexueller Thematik ein herber Verlust für die ganzheitliche Betrachtung und auch wenn Voenix Toleranz signalisiert (kurz, mit einem Augenzwinkern) so hätte das Buch ein kurzes Gastkapitel eines diesbezüglich erfahrenen Autoren gut vertragen können. Hier wurde eine Chance vertan die nicht weh tut, aber gleichwohl im Sinne der Vollkommenheit ein bisschen zu bedauern ist.

2013-03-16 11.38.30

Aber dies ändert nichts daran, dass “Der Gehörnte” ein hervorragendes, informatives, unterhaltsames, lehrreiches und wunderschönes Gesamtbild vermittelt das überraschende und teils grandiose Interpretationen dieses Archetypen beinhaltet . So ist zum Beispiel Voenix “Cernunnos” in diesem Werk fantastisch und ungewöhnlich interpretiert bzw. dargestellt. Ein mutiges und lange überfälliges Buch das dieser kraftvollen Gottheit im Heute wieder die verdiente Aufmerksamkeit schenkt die so wichtig wäre in einer Zeit der Verdrängungen die sich medial als so “offen” tarnt. Das jenen die sich schon länger mit Naturmystik beschäftigen eine gute Bereicherung ist und allen die sich damit zum ersten Mal auseinandersetzen eine sensible und kraftvolle Annährung an das Thema bietet.

“Der Gehörnte – eine Hommage an das Wilde im Mann” ist geradeheraus die persönliche Geschichte des Künstlers und doch viel mehr. Nicht nur für Hex- und Heid sondern für Alle die sich nicht scheuen alter Weisheit und zeitlosem Wissen über den männlichen Gott der Natur zu begegnen. Und darüber sich selbst. Egal ob Mann, oder Frau, Straight oder Gay. Das lange Warten auf dieses Buch hat sich gelohnt!

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