Willkommen in der Welt der Dunkelheit. Jener heilenden Dunkelheit in die man sich zurückziehen kann, jene Dunkelheit die uns an den Mutterleib erinnert. An die gebärende Dunkelheit. Willkommen im Schoss der grossen Göttin die an sich kein Geschlecht besitzt, die durch das Hervorbringen von Leben aber als weiblich angesehen wird.
Unsere Dunkelheit ist nicht böse. In ihr verbergen sich keine Dämonen und anderes – klischeebehaftetes, lichtscheues Gesindel.
Und dennoch haben manche die Dunkelheit mit einer hässlichen Fratze versehen. Suhlen sich in ihr und verdammen das Licht. Glorifizieren die destruktiven Kräfte und motzen über die „Licht und Liebe“ Bewegung, machen sich über sie lustig scheinbar verdrängend, dass sie möglicherweise einen ähnliche extremen Weg beschreiten könnten. Wir haben die Möglichkeit frei zu wählen und sicher steht es mir nicht zu, zu urteilen. Dennoch denke ich persönlich, dass das alleinige hochleben lassen von Zerstörung, Gewalt und Negativität genauso schräg ist, wie der umgekehrte Fall. Und eigentlich ist das Dunkel an sich trotz aller eingeimpfter Vorurteile nicht wirklich schlecht. Es kann nur vieles verbergen das uns Angst macht, oder auch tatsächlich Schaden zufügen kann. Die dunkle Seitengasse ist nicht anders als all die anderen und dennoch kann sich in ihr der Vergewaltiger verstecken und die Dunkelheit für sich nutzen. Andererseits kann auch das Licht so stark blenden, dass man sein Gegenüber nicht mehr erkennt und ins Verderben läuft.
Im Dunkel wird oft Liebe gemacht. Im Dunkel wird oft der Samen für neues Leben gesät. Im Dunkeln kommt unser Geist zur Ruhe und kehrt sich nach Innen, unbeeinflusst von äusseren, visuellen Reizen. Ja, ich gestehe: Ich liebe die Dunkelheit.
Viele haben Angst, ihre eigenen dunklen Anteile zu erkennen und auf eine lebensbejahende Art und Weise zu integrieren. Oft lauert der schlimmste Schrecken in den Schattenbereichen unserer eigenen Seele. Doch das Verdrängen führt letztendlich nur dazu, das wir sie unbewusst auf unsere Mitmenschen projizieren, in deren Verhalten nur das hineininterpretieren, das uns selbst auf der Leber liegt. Dies führt zu Missverständnissen, Konflikten bis hin zu Wut und Gewalt. Aber auch zu übertriebener Hilfsbereitschaft oder Abhängigkeitsmustern wenn wir versuchen, uns über andere zu Therapieren. Eine trickreiche Angelegenheit, die anzugehen und zu beobachten sich die Hexe nicht scheut, führt doch nur über dieses Erkennen der eigenen Schattenanteile der Weg zur Ganzheit. Was nicht heissen soll, das wir je perfekt sein werden, und sein sollten. Aber wir kommen dem Ganzen so doch ein ziemliches Stückchen näher was auch in einer ganz anderen, gelasseneren Lebenseinstellung resultiert. Und die ist eigentlich auf allen Ebenen gesünder. Man sollte allerdings in der Begegnung mit dem eigenen Schatten nichts übereilen, denn gerade hier kann sich ein ungeduldiges Vorwärtspreschen bitter rächen und Dinge ans Licht holen, die so schnell dort nicht hätten sein sollen.