Liegt es an der Natur des Menschen, immer besser sein zu müssen und zu wollen? Selbst wenn er eigentlich aufgrund seiner spirituellen Überzeugungen oder dessen das er offen vertritt sich aus dem „Wettbewerb“ verabschiedet haben sollte? Die Antwort scheint einfach: Ja. Und doch ist es weniger leicht als man denkt. Vor allem, wenn es um die Spiritualität geht.
Überall ist heutzutage von Vernetzung die Rede. Von Masken die getragen werden und das man dahinter blicken sollte und davon, wie sehr Mensch den anderen Menschen lassen sein soll wie sie/er ist. Alles hängt zusammen. Wir sind „Spirits“ die einander in den Erfahrungen unterstützen, ja, die sich die Erfahrungen gegenseitig erst ermöglichen. Diese Erfahrungen haben aber natürlich am besten immer den eigenen Überzeugungen zu entsprechen, obwohl auch dies kein Garant für ein Auskommen ist. Denn wenn man es ehrlich betrachtet fühlen sich die meisten auf ihrem Weg irgendwie besser als der/die auf dem anderen Weg und selbst auf dem gleichen Pfad tobt oftmals der Definitions- und Konkurrenzkampf.
Im Zürcher Tagesanzeiger war dieser Tage ein – wie immer – sehr einseitiger Blogeintrag/Artikel von dem verbissenen Esoterikkritiker Hugo Stamm zu lesen. Einem Menschen von dem man sich, so man ihn und sein Werk betrachtet, nicht vorstellen kann jemals glücklich zu sein ausser darin, eben andere herabzuwerten.Auch wenn diesem Blogeintrag gewisse Weisheit innewohnt, so verblüffen die Antworten/Kommentare auf sein Schreiben noch viel mehr. Denn da putzt einer den Anderen intellektuell nicht mal so ungeschickt hinunter und einer wirft dem anderen vor alles falsch zu sehen, da die Wahrheit ganz anders sei, oder man applaudiert sich unter Gleichgesinnten solange bis man selbst dank einer verbalen Ungeschicktheit ins zänkische aus gelästert und argumentiert wird. Vom Thelemiten bis zum Intellektuellen mit arroganten Zügen kriegt man sich dort in die Wolle und das Fazit daraus liest sich in wenigen Sätzen so: „ich bin besser als Du“. „Ich habs kapiert, Du nicht“, „meine Wahrheit schlägt die Deine denn Du bist dümmer und ich kanns argumentieren“,….
Ehrlich betrachtet findet man dieses Bedürfnis „besser“ zu sein und mit dem eigenen Weg natürlich den wahreren eingeschlagen zu haben auch in der naturspirituellen Szene. Da ist der Schamane der Hexenbücher und Spellwork herabwertet nicht besser als der freifliegende Geist, der jedermensch reindrücken muss wie er sich über Traditionen erhoben hat. Der Wicca, der Hexen mit Freigeist kritisiert und ihnen jedwede Magie abspricht ist nicht besser als der Magier der Wiccas kritisiert, weil sie sich so freimütig im Fundus der Hermetik bedienten. Und so geht es weiter. Der Christ fühlt sich besser als der Islamist und der wieder ist besser als der Hindi oder ein Esoteriker der bei aller selbst zu gesprochener Toleranz irgendwo ein Feindbild hat über das er sich identifiziert. Wir leben in einer polaren Welt und die eigene Definition über das werten von etwas anderem macht diese Definition – wie es scheint – überhaupt erst möglich. Ein Teil der Evolution, denn der Wettkampf – vermutlich auch der spirituelle – spornt an, auch zu intellektuellen und emotionalen Höhenflügen und der Suche nach neuen Erkenntnissen und Realitäten.
Einen schalen Beigeschmack bekommt die Sache dann, wenn von „Wahrheit“ die Rede ist und derjenige der wertet eigentlich wertfreiheit nach Aussen vertritt und von sich überzeugt ist, nicht zu werten. Dann betreten wir die Sphären der grossen Göttin Maya. Die Sphären der Illusion und der Blick dahinter ist auch für langjährige und erfahrene Spirituelle kein leichter. Und Maya kann gestandene Schamanen ebenso verführen wie bodenständige Hexen oder auch und vor allem zeitgeistige Esoflieger die nach neuesten Erkenntnissen des „Reality Creation“ leben und arbeiten und die darin aufgehen.
So hat man alles verstanden was man liest, ist sich des „All-Eins-Seins“ bewusst und wandert in Gaias vernetzten Gefilden in denen alle gleichwertig sind, da aus dem gleichen Gewebe. Und doch definiert man sich oft unbewusst darüber, dass man besser ist als die Anderen da man es ja im Gegensatz zu den anderen verstanden hat. Ein seltsamer Zustand und doch bei genauer Beobachtung so alltäglich. Und bevor diese Gedanken hier sich als Schlange in den Schwanz beissen bzw. sich im Kreise drehen folgt nun der damit verbundene Denkanstoss aus der persönlichen Sicht des Autoren, der da nicht besser ist als alle anderen: es ist nicht schlimm, besser sein zu wollen als jemand anderer. Es ist nicht schlimm sich darüber zu definieren, denn die Welt läuft nun einmal so. Es ist nur schlimm, wenn man das Gefühl hat sich über dieses „Besser sein“ erhoben zu haben und es dennoch ständig praktiziert, das Herabwerten der Anderen.
Wäre es nicht generell sinnvoller sich nicht ständig an anderen zu messen und bei sich die Latte persönlich etwas höher zu hängen? Immer wieder aufs Neue? Immer besser zu sein und zu werden als man zuletzt war oder von sich dachte? Das schliesst nicht aus, sich an anderen zu orientieren, aber es wäre weise immer im Hinterkopf zu haben, dass jedermensch eben seine eigenen Ziele und Wege hat. So ebnet sich der Weg zu Liebe und dem Respekt den man selbst erwartet. Und zu einem gegenseitigen Stützen statt bekämpfen, auch oder gerade wenn diese Kämpfe eben oft vom Unterbewusstsein aus gesteuert werden, da das Bewusstsein, von Maya bezirzt, etwas ganz anderes, nämlich gelebte Toleranz bzw. Verständnis vorgaukelt. Mit Bewusst-Sein Besser Sein und werden.
Und wer sich darüber bewusst ist und dazu steht zu werten ist wenigstens eines: ehrlich! Und auch das verdient Respekt.
(c) Dreamdancer 02/2007