Normalerweise nutze ich den vollen Mond für Rituale in der Natur oder zu Hause. Gestern jedoch brach ich diese persönliche Tradition, denn der “Honigmond” fiel an einen Samstag und gleichzeitig aufs “Luzerner Fest”, welches wir gemeinsam mit Freunden besuchten. Eigentlich mag ich solche Massenfeste nicht mehr sonderlich, aber gestern stimmte das Wetter, die Menschen machten einen ausgelassenen Eindruck und ich realisierte das es mir wieder einmal gut tun würde mich einfach ins Getümmel zu stürzen, denn seit meiner aktiven Zeit im Gastro- und Nachtleben wurde ich ein wenig zur – bekennenden – Couch Kartoffel. Also ging es nach der Arbeit kurz zum Pausieren und dann in die Stadt und an den See….
Zugegebenerweise brauchte es einige Zeit bis ich mich mit der Atmosphäre anfreunden konnte. Die musikalischen Darbietungen waren nicht so nach meinem Geschmack und irgendwie war auch die Stimmung bei unseren Freunden nicht wirklich hervorragend, da ein wenig von persönlichen Herausforderungen getrübt. Mein Schatz und ich hatten eigentlich gute Laune, und die blieb denn auch relativ konstant.
So zogen wir ein wenig herum, assen, tranken, trafen zwischendurch immer wieder bekannte Menschen über die wir uns freuten, mit denen wir plauderten und machten dann auch kurz Pause bei unserer Freundin Veronica im Schützengarten um uns mit einem Koffeinschub für das später stattfindende Feuerwerk fit zu machen.
Dieses war denn auch für einmal gut aufgezogen und das Thema “100 Jahre Geschichte in Luzern” wurde unterhaltsam und informativ umgesetzt, auch wenn ich es schade fand das im musikalischen Background die House- und Techno Ära völlig übergangen wurde. Diesbezüglich sollten wir ein wenig später auf unsere Kosten kommen.
Während das Feuerwerk vor sich hin explodierte, stieg rasant der volle Mond über dem Bahnhof auf und tauchte alles zusätzlich in sein rötliches Licht. In Gedanken sendete ich ein Danke hinüber und erinnerte mich daran, das Elli kürzlich geschrieben hatte, dass man diese Nacht beim Blick auf den vollen Mond in Richtung Zentrum der Galaxie schaute.
Der Bahnhof war dann auch jener Ort wo wir den Abend ausklingen liessen, denn dort hatte man eine Open-Air-Clubatmosphäre geschaffen und der progressive und manchmal etwas kommerzielle House fuhr mir natürlich über die Gehörgänge ins Tanzbein. Witzig der DJ, welcher über der Menge thronte. Etwas gelangweilt, wie es schien, denn nicht einmal ein wippen war bei ihm erkennbar, als er da so auf seinem Stuhl sass. Für mich – der früher beim Auflegen immer wie ein Floh herum hüpfte – unvorstellbar.
Dafür hüpfte ja das Partyvolk und einige davon wankten auch ziemlich oder boten eine “interessante” Show, die sie sicher ganz schnell vergessen wollen, sobald sie sich wieder mit klarem Kopf daran erinnern können *g*. Irgendwann nach 01.00 Uhr zog es uns dann auch wieder heimwärts und unterwegs hatten wir noch so manche seltsame Begegnung.
Heute habe ich ein wenig darüber nachgedacht wie es so war für einmal einen Esbat nicht traditionsgemäss zu zelebrieren und dann erinnerte ich mich wieder einmal an die, mich einst so prägende, Feri-Tradition. So tief und weise diese Tradition im Kern auch ist: das Zelebrieren auch der wilden Seiten des Lebens hat einen hohen Stellenwert und bewusst auch mal einen Sabbat oder Esbat völlig verrückt in einem Club oder an einer Party abzufeiern gehört mit dazu. Exzessive Momente inklusive. Das Leben und die Spiritualität sind eben nicht nur in “Meditation” und "zelebriertem Ritual” zu Hause, sondern mitten im Leben, wenn man sie wahrnimmt und jeden Moment bewusst lebt.
Und so tat ich für mich mit diesem Brechen der eingefahrenen Gewohnheit das absolut Richtige: ich feierte den Mond indem ich selbst feierte und Freude hatte, mal wieder ein wenig über die Stränge schlug und mir des Momentes bewusst blieb. In der “Universal Eclectic Wicca” Tradition gehört es ebenso zu den Lehren, dass man den Jahreskreis oder Vollmond nicht immer verpflichtend auf eine bestimmte Weise verbringen und zu zelebrieren hat, sondern jederzeit die Energie und den Rausch des Momentes erfühlen kann und sollte. Denn alles was zu einem “Muss” wird, nützt sich schnell ab.
Früher waren Partys für mich Orte der Ekstase und Trance, beim Tanzen aber auch Auflegen schloss ich mich mit der Quelle kurz und verlor mich im Rausch der Musik in die Anderswelten, hielt dennoch den notwendigen Bodenkontakt aufrecht und bewegte mich hin- und her zwischen den Welten. Ebenso Zaunreiter, gelegentlich mit spirituelleren Momenten als ich sie an manchen inszenierten Ritualen wahrnehmen durfte.
Es tat gut gestern durch den Ausgang wieder einmal daran erinnert zu werden, dass auch diese Seite des Lebens immer noch zu mir gehört und einen Teil von mir ausmacht den ich in den letzten Monaten Jahren öfters verdrängt habe (alleine tanze ich schon noch in Trancezustände, aber das ist nicht das Gleiche). Auch wenn andere Orte und Locations alleine schon aufgrund des Publikums und der Musik dazu sicher geeigneter sind als jene gestern, so war es doch eine freudvolle Wiederberührung :). Nur – und soviel ist sicher – das nächste mal nehm ich Ohrenstöpsel mit, denn mein – vom ehemaligen Job geschädigtes – linkes Ohr, freute sich nicht so recht über die laute Musik. Und so streikt es heute ein bisschen 😉