Gestern, Freitagabend geriet ich, alleine zu Hause, beim Schmusen mit meinem Anubis, dem alten Kater der mich nun schon so lange begleitet, in eine sentimentale Phase mit vielen Gedanken die mir durch den Kopf gingen. Natürlich musste ich auch wieder an Tootsie denken, seinen Bruder und schon zu Lebenszeiten ein Krafttier für mich. Und es stimmte mich sentimental…
Als ich meinem alten Begleiter so in die Augen sah, rollte die Vergangenheit wie ein Film vor meinen Augen ab. Ich durchlebte die Zeiten als ich mit meinem damaligen Partner lebte und wir unser Heim mit eben diesen beiden Katzen teilten. Als Nubsi, wie ich ihn liebevoll nenne, als kleiner Racker dazukam in unsere Familie und sich mit Frechheit und Schalk gegen Tootsies Dominanz durchsetzte, und dennoch immer die zweite Geige im Revier spielte. Wie sich der alte Zausel trotz seiner 15 Jahre kaum verändert hat, ausser das er nun wo er alleine und alt ist viel mehr Zuneigung braucht. Und es mit den Nieren hat.
Ich durchlebte die Zeit mit meinem Ex, die Trennung, die Freundschaft nach der Trennung, seinen Tod durch einen Herzanfall, alles was folgte und immer mit den einzelnen Momenten verbunden: die wichtigen Stationen meines Lebens seit ich in der Schweiz bin. Sovieles hat sich seither getan und alles ist ein Teil von mir, verbunden mit Magie, Liebe, Freude, Wut, Erkenntnis uvm.. Ist es einfacher geworden? Mitnichten. Aber erfüllender.
Tja, an all das und noch viel mehr erinnerte ich mich gestern beim Blick in die Augen meines Stubentigers und es erfüllte mich mit einer seltsamen Melancholie die ich bis heute nicht abgeschüttelt habe. Die emotionalen Herausforderungen der letzten Tage haben mich sehr erschöpft und mit Gefühlen konfrontiert die ich zwar wie immer hinterfragte um aber für einmal zu dem Schluss zu kommen, dass einen die Summe der Erfahrungen auch einmal zu dem Punkt führen darf wo man wertet und sich nicht mehr zwingt die rosa Brille aufszusetzen. Als Mensch der Harmonie ganz gross schreibt war es immer ein Bedürfnis von mir, mit aller Kraft an dieser zu arbeiten. Auch wenn das Gefühl einem signalisierte das man diese innerhalb seines Umfelds nicht immer erreichen muss bzw. kann, da gewisse dynamische Prozesse ausserhalb des eigenen Verantwortungsrahmens liegen. Und jeder Versuch sich oder einer Situation eine Harmonie aufzuzwingen und gegen die Intutiton zu arbeiten, endete zumeist in einem Dilemma.
Manche Entscheidungen und Handlungen fallen mir immer heute noch schwer, da ich davor zurückscheue, jemanden zu verletzen und weil das Muster "brav sein und nichts böses tun" so tief eingebrannt ist. Dabei könnte ich hinter gewissen Entscheidungen aus ganzem Herzen und voll Vertrauen in die Richtigkeit der Dinge stehen. Da steht der Hexensinn gegen Gewohnheiten.
In wenigen Wochen werde ich 41 und wie mein "methusalemalter" Kater fühle ich mich manchmal eher wie ein dummer naiver Junge der das Leben immer wieder neu entdeckt. Ich lehre, und das gut, und ich lerne ständig (was ich ja auch oft genug hier betone 😉 ). Manche finden mich klasse und weise, andere halten mich für wasauchimmer,…alles ganz normal also. Ist mir ja auch nicht mehr so ganz wichtig…eigentlich.
Den ganz grossen inneren Frieden habe ich aber trotz all vieler Erfahrungen und eines grossen Wissens trotzdem noch nicht gefunden. Das Leben wird nicht unbedingt einfacher, auch wenn man um seine Dynamik versteht. Und manchmal glaube ich sogar, dass zunehmendes Wissen und Verstehen für Momente das Gegenteil hervorbringt. Was aber bitte nun nicht als Gejammer aufgefasst werden sollte *lach*. Im Wicca sagt man, dass die ersten Jahre nach der Initiation "hart" seien, eben weil man bewusster wird. Also hat das wohl was und ist als immerwährender Fortschritt zu werten.
Tja, meine alten Kater habens gut. Der eine im Sommerland (ich vermiss ihn) und der andere ist zwar nicht ganz zufrieden weil wir nicht 24 Stunden mit ihm schmusen können, aber immerhin ganz glücklich auf seine alten Tage. Und da auch er noch maunzt wie ein Jungspund und schreit wie ein Kind, wenn ihm mal was nicht passt, lern ich einfach von ihm und sag mir: das kann ich auch. Und bin zufrieden dabei. Aber so von Zeit zu Zeit an zurückdenken an Momente die man im nachhinein als "einfacher" empfindet, auch wenn sie es vermutlich zur Zeit nicht waren, das darf schon sein. Ein Blick ohne Wehmut aber mit viel Gefühl…