Hex und Techno

stevee postman

(Picture by Steve Postman www.stevee.com )

Ich erinnere mich als ich Gast bei „Quer“ war, ich glaub das war 2002 als noch der etwas sarkastische Röbi Koller moderierte (wäre lieber später beim Rohr eingeladen gewesen). Da fragte dieser mich unvorbereitet (wir hatten die Fragen vorher bekommen aber Herr Koller machte sich einen Spass draus diese in meinem Fall zu ignorieren) ob ich einfach von Techno-DJ zur Hexe geworden wäre weil es „in“ ist. Nun, das war leicht und spontan zu beantworten, denn im Gegensatz zum konservativen Moderationsknochen fand ich, dass sich Techno und Hexe sein doch nicht ausschliessen. Und dieser Meinung bin ich immer noch, mehr denn je, denn es fällt mir ausserordentlich leicht zu den progressiven Beats in die Anderswelten zu reisen…..

Ich verstehe sie sowieso nicht, jene Menschen, die das Gefühl haben das eine moderne Hexe ausschliesslich auf Trommeln, Mittelaltermusik und keltische Sphärenklänge stehen soll. Nicht erst einmal waren Besucher äusserst überrascht wenn ich ihrer Theorie ich sei bestimmt ein Mittelalterfan und Bestandteil der „Szene“ widersprechen musste. Im Gegensatz zu vielen Romantikern bin ich nämlich absolut nicht der Meinung, dass dazumals alles besser und mystischer war. Im Gegenteil, sporadische Erinnerungen an ein Leben in dieser Zeit, aber auch Logik und Geschichtskunde lassen mich froh sein heute in hygienischeren Zeiten zu leben und mit vielen Errungenschaften gesegnet zu sein.

Natürlich wäre es auch mir lieber wenn dieser Fortschritt im Einklang mit der Natur geschehen wäre und ich bin überzeugt, wir würden heute im Paradies leben wäre beides Hand in Hand gegangen. Doch das hat eben nicht sollen sein und so war/ist so mancher Schritt nach vorne letztlich ein sieben Meilen Schritt zurück gewesen. Aber das wäre ein anderes Thema.

Die Entwicklung der elektronischen Musik ist für mich jedenfalls etwas das ich zu schätzen weiss, ermöglicht sie in ihrer Vielfalt und via Techno und Trance nämlich auch Reisen in die Welt der Fantasie und für mich eben auch oft den Übergang in genau diesen Zustand bis hin zur tatsächlichen schamanischen Reise.

Was natürlich nicht heisst das ich den archaischen Klang der Trommel nicht ebenso als Reiserhythmus lieben würde. Didgeridoo und Drums, Perkussions und Flöten: auch sie sind gute Transportmittel für mich. Doch auf guten progressiven House kann ich nicht nur tanzen. Dass ich damals als DJ diesen spirituellen Aspekt der kollektiven Trance und auch die Euphorie des Publikums über meine Auswahl steuern konnte gehört vielleicht mit zu meinen magischsten Erfahrungen.

Und so muss ich auch heute noch sehr aufpassen wenn ich mit den Sounds des Ex-Clubs „Labyrinth“ oder anderen, ähnlichen CD’s Sport treibe, das es mich nicht „hinaustreibt“ und ich dann sehr erschöpft zurückkomme (aber glücklich). Seit meiner Begegnung mit Freyja während einer ungeplanten, technoinduzierten Trance weiss ich aus erster Hand, dass selbst die Götter in dieser Musik aufgehen und sich ausdrücken so man sie erkennen möchte.

Hexe zu sein und Techno zu lieben schliesst sich nicht aus. Schweisstreibende und kraftvolle Beats die in Verbindung mit Klängen und Tönen anderer Welten den Körper in schweisstreibende Ekstase katapultieren und den Verstand kurzschliessen sind sehr hexisch. Lebensfreude und Lebenskraft durch sich pulsieren zu spüren ist hexisch. Im Beat – auch im elektronischen – den Herzschlag des Göttlichen wahrzunehmen ist hexisch.

Goa war seinerzeit ein ambitionierter und guter Ansatz mit einem guten und wahrhaften Kern, doch dann wurde die Szene von den Drogen kaputt gemacht. Jeder fühlte sich als „Schamane“ und hochspirituell wenn ein Tripp geworfen, ein Pilz geschmissen, eine Linie gezogen wurde oder/und man in Cannabiswolken versank. Der Musik hat es letztlich nicht gut getan. Sie wurde so agressiv wie ihre Drogen und die sich zunehmend verfestigende Lüge der Pseudospiritualität und Naturnähe wurde von der harten Realität hinweggefegt.

Dabei ist es am magischsten sich von dieser Musik drogenfrei hinwegtragen zu lassen. Ja, die Musik kann zur Droge werden ohne Nebenwirkungen und Hangover. Doch das erkläre man mal denjenigen die diese Zeiten so gar nicht mehr kennen und die die Monotonie der Beats mit klarem Kopf nicht nachvollziehen können.

Naja, ich jedenfalls spüre in guter, elektronischer Musik den Atem der Götter und den archaischen Funken unserer Vorfahren. Und ich bin sehr froh, haben mich genau diese Götter mit so einem breiten Musikgeschmack gesegnet der in der Schönheit einfacher Folkballaden genauso Erfüllung finden kann, wie im beatunterlegten Klangteppich der Marke Techno/Trance (progressive House würde man es wohl im Detail nennen).

Das Leben ist Vielfalt. Auch in der Musik und ich werde mich nie auf einen Trend oder ein Klischee festnageln lassen. Aber ich weiss genau was ich nicht mag *g*.

5 Kommentare

  1. Hey Dreamy,

    *dir die Hand schüttel*
    Sehe ich sehr ähnlich, nur dass ich Techno und Co nicht so mag, dafür wesentlich lieber EBM, Industrial, Noise und Darkwave.
    Steht sich eh ähnlich.

    elektrische Grüße
    Mo

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