Fluch, Segen und der Gesang der „Social Sirens“

Das englische Wort „Procrastination“ auf deutsch zu übersetzen ist nicht einmal so leicht. Die Wörterbücher und Übersetzungsprogramme sagen „Verzögerung“ oder „Aufschub“ aber ein einziges Wort in deutscher Sprache das den Sinn dieses Wortes so richtig umfassend wie auf englisch ausdrückt, habe ich – zumindest bis jetzt – noch nicht gefunden.

socialsirens

Im englischen nämlich beschreibt es etwas, das viele von uns kennen. Wir wissen, wir wollen, wir sollen, aber wir tun nicht. Und in diesem Fall stimmt die deutsche Übersetzung, denn wir schieben es vor uns her. Und dennoch kann man wunderbar sagen „I procrastinate“ und hat damit alles ausgedrückt.

Manchmal ist das in dieser hektischen und stressigen Zeit (eigentlich wäre sie das nicht wirklich, aber es ist herausfordernd gegen den kollektiven Zeitgeist zu schwimmen) nicht mal das Schlechteste, wenn wir die Zeit die wir damit temporär herausschlagen dann auch konstruktiv nutzen oder uns der notwendigen Entspannung hingeben.

Viel öfters jedoch rufen uns die Verlockungen dieser vernetzten Welt mit einer Macht die dem Gesang der Sirenen kaum nachsteht und wir verlieren uns in den Welten des World Wide Web und hier wiederum oft in den wilden Gewässern der Sozialen Netzwerke.

Natürlich meine ich, wenn ich „wir“ schreibe durchaus vor allem mich selbst, aber das habt Ihr Euch ja sicher schon gedacht ;). Und Gespräche mit Freunden, Kollegen aus, aber nicht nur, der Heidenszene beweisen mir, das ich da durchaus nicht der Einzige bin.

Ich ging letzthin in einer gezielten Meditation so einiges durch und musste feststellen, das mich die Aktivitäen in den SN etwas unkreativ gemacht haben. Zwar bin ich viel am lesen, schreiben, teilen und kommunizieren aber gleichzeitig hat sich mein sinnvollerer und kreativerer Output doch etwas reduziert.*

Ich blogge nur mehr selten, wende keine Zeit mehr für Videos auf (obwohl es mir Spass macht und auch die Reaktionen der Leute durchaus positiv sind) und wo ich früher einen grossen Output an persönlichen Gedichten, Texten, Gedanken und Gebeten hatte die ihren Weg in mein Buch der Schatten fanden, ist es nun eher vom grossen Strom zum kleinen Bach geschrumpft.

Zwar schreibe ich immer noch wunderbare Meditationen die ich in meinen Kursen teile, Rituale die ich und andere durchführen und so finden einige Gaben ihren Weg unter die Leute, aber mit öffentlichen Gedanken und Ambitionen bin ich doch etwas stiller geworden.

Nun gut: im Vergleich zu früher bin ich inzwischen wesentlich ausgeglichener und nehme vieles nicht mehr so wichtig was dazu führt, dass der therapeutische Zweck des Schreibens etwas in den Hintergrund getreten ist (der Lebenserfahrung, der Meditation, dem Ritual, dem Vertrauen an die Götter und dem innerem Wachstum sei dank), aber gleichwohl gibt es so viele Inspirationsfunken die nicht mehr umgehend umgesetzt werden, wenn sie von Brigid (keltische Göttin des Feuers, der Heilung aber auch der Inspiration) zugespielt werden.

Manchmal, wenn die Gedanken und Ideen kritische Hintergründe haben, kommt auch die Frage: ist es Wert dahingehend Zeit zu investieren? Denn in der Fülle an Output das sich im Netz massenhaft findet bekommt man oft das Gefühl, das man nichts mehr beitragen kann, das nicht sowieso schon jemand anderer thematisiert hat.

Und das dann ebenso oft in der Bedeutungslosigkeit verschwinden würde wie das Meiste das sich nicht um Kim Kardashians Hintern, die sexuelle Orientierung eines Sternchens oder die rasche Empörung gegen irgendwas oder irgendwen dreht.

Dann aber denke ich das mich ebenso Texte anderer SchreiberInnen berühren und ich mir Zeit nehme sie zu lesen, wenn sie mich interessieren. Sie mich auch in Themen die ich schon erforscht zu haben glaube inspirieren oder mich gleichwohl auf neue Ideen bringen die sich auch in meiner persönlichen Praxis wiederfinden.

Und dann wird mir eben bewusst: I procrastinate 🙂

Und verplempere derzeit viel Zeit mit Zeug das nicht wirklich wichtig ist und auf sozialen Medien in deren Existenz Fluch und Segen beide grosse Auftritte haben.

Das stellt einen vor die Frage: wie geht man weiterhin damit um? Und hier kommt dann eine magische Kernlehre zur Anwendung, die so essentiell wichtig ist: Erkenne Dich selbst und die Wicca Ethik der Selbstverantwortung legt gleich wunderbar nach.

Ich netzwerke gerne auf Facebook, Google+ und Co. und daran wird sich auch nichts ändern. Es macht mir Spass und die soziale Komponente ist – bis zu einem gewissen Grad – bereichernd. Aber ich gehe über die Bücher und werde mal schauen wie viel sinnlose Zeit ich dort verplempere die ich – wie früher – gehaltvoller nutzen könnte.

Am Donnerstag den 18. ist ja Vollmond und der lässt sich dann gut und kreativ nutzen um – mit der darauf folgenden, abnehmenden Phase – dann auch einiges zu reduzieren das einem nicht gut tut und dort zuzulegen wo es nährt und konstruktiv ist. Öfters bloggen und am Buch weiter arbeiten wäre in jedem Fall wieder kreativer als „facebooken“.

Man muss dem Gesang der „Social Sirens“ einfach besser widerstehen und loslegen wenn der Funke da ist. Es gibt da so die „3 Sekunden Regel“ die auch psychologisch bewiesen ist. Man hat 3 Sekunden um etwas umzusetzen. Wenn man die verstreichen lässt dann rutscht man mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder in das Gewohnte zurück.

Bei mir heisst das dann wohl: dem Drang nach dem Öffnen einer sozialen App oder eines Newsfeeds 3 Sekunden lang zu widerstehen *lach*. Vielleicht gilt das ja auch für Dich? 😀

Blessed Be

*Das behandle ich hier nicht zum ersten mal was aber beweist, das sich da langfristig auch nicht gross etwas verändert hat

 

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