Die „Rocky Horror Bieder Show“

Ich hatte mich wochenlang selber auf den Besuch der „Rocky Horror Show“ im Luzerner Theater gefreut, zu der ich meinem Schatz und mir ein Premierenticket in der ersten Reihe geschenkt hatte. Schliesslich war ich mal absoluter Fan, sah ein paar Versionen und liebe den Film. Spielte gar selbst in einer Laiengruppe ein bisschen Brad und Frank’n’Furter. Gross also die Erwartung, aber realistisch, denn schliesslich sind wir hier in Luzern und nicht in London, Wien oder New York, obwohl es eigentlich nicht viel braucht, ausser charismatische DarstellerInnen.

Genau die fehlten aber gestern bei der Premiere. Zwar waren alle sehr sympathisch und vermutlich auch in ernsten Rollen durchaus ernstzunehmen, aber in der „Rocky Horror Show“ waren die HauptdarstellerInnen ziemlich fehlbesetzt. Vor allem, weil gerade das oben angesprochene Charisma den Darstellern völlig abging.

Auch die Inszenierung war unerträglich. Es war irgendwie eine „Rocky Horror Show“ für Verklemmte, und das ist sicher nicht Richard O’Briens Vision gewesen, als er das provokative Musical auf die Bühne brachte.

Während man die Darstellung von Brad und Janet noch als okay einstufen durfte, konnten auch sie sich in diesem konservativen Ambiente kaum zu mehr als  zu Slapstick entfalten und gingen als Hauptprotagonisten in diesem Brei sowieso völlig unter.

Magenta eröffnete (übertriebene Grimassen schneidend) die Aufführung und das schlechte Englisch, die nicht getroffenen Töne und eben diese übertriebenen Grimassen für die es so keine Berechtigung in diesem Charakter gibt, liessen auf schlimmes schliessen, Aber logisch, das kann ja die Nervosität bei der Premiere sein und trübt die Freude kaum. War aber diesmal ein Omen.

Denn es wurde nicht besser und als dann ein schmächtiger, Frank’n’Furter die Bühne betrat, in glitzerndem Drag Queen Fummel, mit Stylingfrisur und ohne jede Ausstrahlung die diesen legendären Transvestiten ausmacht, war ich knapp daran zu gehen. Daran konnte auch ein „Rocky“ nichts ändern der zwar hautenge Goldshorts trug, dessen Oberkörper aber von einem wahrlich biederen Goldglitzershirt verdeckt wurde. Ein Rocky für Spiesser der nicht einmal den Oberkörper zeigen durfte. Etwas das ich so noch nie bei einer Rocky Horror Show sah. Was aber vermutlich nicht am Darsteller, sondern an der Inszenierung lag (ausser der Darsteller getraute sich nicht). Aber hey, man bleibt dran und hat ja bezahlt.

Doch wären wir nur gegangen.

Auch die zweite Hälfte hatte wahrlich peinliche Momente zu bieten. Bei der eigentlich grossartigen Nummer „Touch Me“ wälzte sich ein unbeholfener Rocky um die Füsse einer überagierenden Janet. Sex Appeal? Nicht im geringsten. Das war schon vorher bei der fantasie- und erotiklosen dargebrachten Verführungsszene durch Frank’n’Furter vorhersehbar. Normal ein Schattenspiel. Hier ein klirrendes Dialogband…

Das grosse Finale wurde dann auch anstatt in Strapsen und verruchtem Outfit in einem fasnachstähnlichem Glitzerfummel absolviert der nahezu alles verdeckte.  Ja, es gab Strumpfbänder, aber da sieht man provokativeres beim Busfahren. „Dont Dream It… Be It“. Ja was denn eigentlich? Eine verzweifelte, gestylte Drag Queen die sich – wie es scheint – alles andere als wohlfühlt in ihrem Outfit (glitzernde Abendgarderoben) und der dann noch verlorener wirkt, als er diese dann doch irgendwann abzieht? Ein Riff Raff der so agiert als wüsse er selbst nicht was er in dem ganzen Wirrwarr verloren hat? Eine Magenta die die Kontrolle über die Gesichtsmuskulatur verlor?

Witzig war die Idee mit den Plüschhasen, die doch gelegentlich ein Schmunzeln auf die Lippen zauberten.

Fazit: ich mag es nicht den Schauspielern vorhalten das sie wie eine Fehlbesetzung wirkten. Ich fürchte einfach sie hatten in dieser verklemmten Variante der „Rocky Horror Show“ keine Möglichkeit so richtig in ihre Rollen zu schlüpfen. Keine/r von ihnen. Was auch dazu führte das eine Show die eben enorm von der Ausstrahlung ihrer Darsteller lebt (ich sah schon Inszenierungen auf einer nahezu leeren Bühne, die mehr Pep hatten) wie eine Amateurinszenierung wirkte. Vielleicht war sie das auch und ich habe etwas missverstanden beim Kauf der Karten. Dann tut mir diese harsche Kritik doch ein wenig leid. Aber wenn ich mich zurück erinnere an eine Amateuraufführung in München: sogar die war wesentlich charismatischer, da alle die mitmachten wirklich mit Freude und Euphorie dabei waren und dieser Frankie wirklich ein „Frank’n’Furter“ war dem man die Rolle abnahm.

Das es dennoch grossen Applaus gab hatte denn wohl eher damit zu tun das die Fans, Freunde und Familien der, grösstenteils lokalen DarstellerInnen, sich begeistert zeigten. Und das freut mich ehrlich für die SchauspielerInnen. Wer aber genau ins Publikum blickte sah sehr wohl, das es auch anderen die Sprache und den Applaus verschlagen hatte. Wohl jenen anderen Ahnungslosen, die auf eine professionelle und fröhliche Inszenierung hofften.

Den Fasnächtlern hat es sicher gefallen. Denn dort würde diese Aufführung super hin passen. Und das meine ich nicht mal ironisch.

Ansonsten: schön wenn es jemandem gefallen hat. Die Regie hat die „Rocky Horror Show“ jedenfalls nicht verstanden und aus ihr eine „Rocky Spiesser Show“ gemacht… Das war eine Show ohne Magie, ohne Erotik und ohne herausragende Performances… Aber ein grosses Kompliment dafür, dass alle so hervorragend in hohen Absätzen laufen konnten. Das war wirklich bewundernswert. Könnte ich nie

Ich glaub ich schau besser noch mal den Film 😉

PS: ich kritisiere wirklich nicht gerne weil so eine Sache viel Aufwand ist und mir die SchauspielerInnen leid tun. Aber ich glaube hier fühlte sich niemand so recht wohl in seinen/ihren Rollen…

 

 

 

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