Bitterböse Mordgeschichten mit Pfiff

Einen Vorteil hatte das Kranksein: ich konnte (mit schmerzbedingten Unterbrechungen) lesen und verschlang so in Etappen ein hervorragendes Buch bei dem es mir für einmal sehr gelegen kam das sich zwischen den Buchdeckeln Kurzgeschichten verbergen. „Der Mord ist das Ziel“ heisst das kurzweilige Werk und der Schreiberling mit der rabenschwarzen Fantasie trägt einen Namen der dem Buchinhalt frech und trügerisch gegenleuchtet: Daniel Hellstern.

der mord ist das ziel

Zuerst war ich etwas skeptisch, denn gerade in der eröffnenden Shortstory im Märchenland, bei der ein Fuchs in bester schwarzer Detektivmanier den Mord an Rotkäppchen aufklärt, die es wiederum faustdick hinter den Ohren hatte, erscheinen die cleveren Wortspielereien und Vergleiche stellenweise etwas bemüht. Meine Abneigung mag hier allerdings mit auch im Genre liegen, denn Film Noir und Literatur dieser Richtung fanden mein Interesse noch nie besonders. Doch spätestens bei der zweiten Story hatte mich Daniel gepackt und es geschah etwas, das ich schon lange nicht mehr verspürte: mir gierte nach mehr und ich konnte – trotz der schrecklichen Kopfschmerzen – das Buch nicht für längere Zeit aus der Hand legen.

Ich erachte dies gerade bei Kurzgeschichten für eine Kunst: das Interesse des Lesers zu halten, denn nicht selten schwanken einzelne Storys stark in der Qualität und man verliert Lust auf die Nächste. Nicht so bei „Der Mord ist das Ziel“, denn hier folgt eine spannende Idee auf die Andere und auch wenn einiges nicht wirklich neu erfunden wurde, so jagen einem der schwarze Humor und die Gewitztheit wohlige Schauder über den Rücken und stellenweise gar Lachtränen in die Augen. Auch die Handlungsrahmen der Mordgeschichten sind oftmals herrlich ungewöhnlich.

So bekommen zu abgehobene Esoteriker liebevoll ihr Fett weg, das Gewerbe der Leichenbestatter erweist sich bei näherer Betrachtung als ein Blick in den mafiösen Abgrund der Branche, eine steinzeitliche Schamanenverschwörung erweist sich als harter Brocken für einen unbedarften Lehrling, schwarze Witwen verführen tollpatschige Polizeihelden (was sich im Übrigen als schlechte Opferwahl erweist) und selbst in der aktuellen, internationalen Antiterrorpolitik der USA ist – selbstverständlich fiktiv – der Wurm drin. Den Verschwörungstheoretiker freut’s.

Das sind nur einige der angenehm kurzen Handlungsstränge von denen aber fast jeder eine gute Ausgangslage für potentielle Blockbuster darstellen würde. Überhaupt wünscht man sich bei einigen der (Anti-)Helden, dass der Autor ihnen doch einen ganzen Roman widmen möge.

Manche der Geschichten verblüffen mit überraschenden Wendungen zum Schluss, andere enden wie erwartet und doch nicht wie gewohnt. Eine Mischung die man so erst einmal hinbekommen muss. Sicher: hin und wieder gibt es kleine erzählerische Schwankungen innerhalb der Geschichten doch das ist gut so, denn ein zuviel an Wortspielen würde die Storys – so wie aus meiner Sicht in der Eingangsgeschichte geschehen – überladen.

So mag man Daniel Hellsterns Erstlingswerk als sehr kurzweilige und sehr unterhaltsame Lektüre empfehlen, die man nicht in einem Stück lesen muss aber vermutlich wird. Zumindest wenn man sich so fesseln lässt wie ich. Einzig den Titel möchte ich kritisieren: denn der erscheint mir persönlich nach Lesen des Buches schlicht zu bieder. Kurze Krimis – schnelle Thriller lautet der Untertitel und der trifft wenigstens den Inhalt.

Ich freue mich auf „mehr“

Homepage des Autors: www.rabenfeder.com

5 Kommentare

  1. Guten Morgen, Dreamy

    Wau! Danke für die ausführliche Rezension! Geht runter wie Honig. Ich bin gespannt, welche Protagonisten aus deiner Sicht einen ganzen Roman verdienen würden. Denn genau da bin ich im Moment dran.

    Übrigens: Ich hab dir ja gesagt, dass man nicht mehr mit Lesen aufhören möchte 😉

    Lieben Gruss und gute Restbesserung

    Hawk

  2. Klar doch, ich meine jede Zeile und hätt mich auch nicht hinter dem Zaun gehalten, wenn’s mir nicht gefallen hätte. Okay, das hätt ich Dir dann wohl eher beim nächsten Ladenbesuch gesteckt *lach*…

    Der tollpatschige Inspektor wäre ein guter Nachfolger für Clouseau und über die justizübende Studentenverbindung würde ich auch gerne mehr erfahren.

    Und selbstverständlich ist die Geschichte aus der astralen Zwischenwelt mein heimlicher Favorit. Die Idee mit den dort „Gestrandeten“ (ich will nicht zuviel verraten) gibt sicher eine Menge intelligent witziger Ideen her….

    Danke für die Wünsche zur Restbesserung. Kanns brauchen, denn mein Alltagslevel ist noch nicht wieder hergestellt…

    Gruss

  3. Find ich faszinierend: Die Studis kommen allgemein sehrgut an, obwohl ich selbst diese Geschichte eine der schwächeren finde. *Ins Grübel komm*. Während des Gedankenmachens zum nächsten Buch schwebte mir eine Zusammenarbeit von Thelonius Monk mit den beiden Protagonisten aus den „Dämonen“ vor … Könnte gut kommen. Schräge, witzige Fantasy …

    Grüsse von der dunklen Seite *hä, hä, hä*

    Hawk

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