Alles Wicca…oder was?

hierophant

Ich habe mir über das letzte Jahr hindurch schon öfters die Frage gestellt, ob ich mich überhaupt noch als „Wicca“ bezeichnen soll. Meine Covenzeiten sind je länger je mehr vorbei, meine Praxis verselbstständigt sich zunehmend in individuellen Bahnen und die Bezeichnung „Wicca“ wird lautstark von in Dogmen verfangenen und kleingeistigen Wichtigtuern beansprucht die sich via Hierarchie und Macht „den Schwanz verlängern“ (wie sagt man eigentlich bei Frauen…“die Brust vergrössern“?). Nun, da ich coveninitiiert bin, auch wenn es ein sehr demokratischer Coven war der aus dem Herzen und nicht aus dem Kopf heraus geführt wurde, könnte ich natürlich weiterhin darauf bestehen aber will ich das überhaupt noch…?

Und jetzt kommts: JA! Ich will!

Und warum? Weil der Begriff „Wicca“ sich im Laufe der Zeit verselbstständigt hat. Heute gibt es sie eben, die Solitarys (allein praktizierenden), die den Weg zur Göttin und ihrem Gefährten auf ihre eigene Art fanden und finden. „Wicca“ hat sich vom „Altherrenclub mit elitärem Touch“ zu einer dynamischen Naturreligion gemausert die sich stetig verändert und im Fluss ist.

Scott Cunningham war und ist ein Mann den ich bewundere, auch wenn er mittlerweile ins Sommerland überging, denn er stellte sich zu seiner Zeit den Traditionalisten und brachte – zusammen mit anderen Hexen seiner Zeit – die starren und im Freimaurertum verwurzelten Strukturen zum Einbruch. Auch heute noch sind viele traditionelle Wiccas eigentlich nur Katholiken die sich den Mantel der Naturreligion überstreiften, obwohl sie oft nicht mal in dieser Natur praktizieren. Das ist okay, sollen sie, denn jeder hat seinen Weg. Man muss aber auch den Fluss der Dinge akzeptieren und zur Kenntnis nehmen, dass das Wort „Wicca“ sich in den Augen der Menschen verändert hat und somit auch eine neue Bedeutung bekam.

Als mir kürzlich Elli erzählte, dass in Deutschland (geht wohl nur dort) sich jemand den Begriff rechtlich schützen liess, konnte ich nur den Kopf schütteln. Soviel Dummheit und einmal mehr Machtbestreben, denn um nichts anderes gehts. Nur Leute die sich verzweifelt an Strukturen klammern und Angst darum haben, dass ihr „elitärer“ Status in den Augen der Öffentlichkeit verliert, kommen auf so eine Idee. Denn der Bezeichnung „Wicca“ haftet nun eben nicht mehr dieses „mysteriöse“ an, mit dem man sein Ego gegenüber den „Normalsterblichen“ aufwerten kann.

Dennoch hat der Begriff auch für mich heute noch Strukturen, die ich akzeptiere und respektiere: so die Verinnerlichung des Göttin/Gott Prinzipes, die magische Praxis und einen rituellen Rahmen, der aber dehnbar und individuell erweiterbar ist. Es ist nicht so, dass alles „Wicca“ ist, denn diese Punkte rechtfertigen die Bezeichnung als solche bis heute, auch in meinen Augen.

Und ja: so nenne ich mich weiterhin „Wicca“ und werde es im Herzen immer sein. Ich habe in diesem Rahmen gelernt und ich lehre in diesem Rahmen, aber ohne den miefigen Touch den manche nicht abstreifen wollen. Jetzt die Segel zu streichen, nachdem Männer wie Cunningham und Frauen wie Starhawk soviel Vorarbeit geleistet haben, wäre nicht richtig. Ich respektiere alle Traditionen in Wicca, auch die Gardnerianischen Linien und andere Hardcore-Traditionals. Ich respektiere sie als Tradition aber wenn jemand versucht den Wicca-Begriff nun nach all den Jahren in denen dieser sich entwickelte als „nur für sich gültig“ zu beanspruchen, hört mein Respekt auf.

Sicher es gibt viel Negatives das ich nachvollziehen kann weil es auch mich manchmal ärgert, so z.B. wenn Esoteriker „Wicca“ nutzen um Kohle zu machen, aber die machen auch vor dem Begriff „Hexe“ nicht halt und integrieren diesen in ihre Arbeit in der Hoffnung mehr Leute anzuziehen. Respekt vor den Wurzeln eines Begriffes ist auch in meiner Wahrnehmung wichtig. Schliesslich definiert ein Wort ja gewisse Dinge. Aber dennoch: für mich bleibt „Wicca“ eine dynamische „Religion“ innerhalb des Hexentums, die auch ausserhalb von Coven und elitären Kreisen erlernt und gelebt werden kann. Und als solches werde ich diesen Begriff verteidigen und weiterhin lehren, dass es unzählige Traditionen innerhalb von ihm gibt. Und nicht mehr alle fussen auf gardnerianischen Wurzeln…..Die Zeit hatte ihre Wirkung…

5 Kommentare

  1. So gefällt mir das 🙂 Nur nicht wegpusten lassen von den Dogmatikern! Besser für das Eigene einstehen und nicht von fremden Regeln ins Abseits jagen lassen! Genau darum nenn ich mich immer noch Hexe. Und das obwohl so viele … "Worte nach Blieben selbst einfügen" … rumlaufen und den Begriff zum Teil ziemlich verschandeln. Wo kämen wir auch hin, wenn wir uns unsere Spiritualität durch andere diktieren lassen würden? *busserl* Elli 🙂

  2. Vielen Dank für diesen Gedanken, Dreamy! Ich selbst halte nichts von Schubladen. Jeder Mensch ist ein Idividuum und  geht seinen eigenen Weg auf seine persönliche Weise – ob mit Anleihen von der einen oder der anderen Seite… Grade heute, wo das sogenannte "Neuheidentum" in so viele zerstrittene Parteien und diese in sich in eine unüberschaubare Anzahl Splittergrüppchen zerteilt sind, die sich gegenseitig an den Hals gehen – grade heute finde ich es wichtig zu sagen: "Ich bin ich, ich gehe meinen Weg, lasst die Freiheit, die ich Euch auch lasse!" Du schreibst, Wicca ist deine spirituelle Heimat – auf deine persönliche Art. Find ich klasse. Warum mit Klauen und Zähnen festgefahrenene Strukturen verteifigen und sich selbst damit den besten Weg verbauen? Nebenbei: Habe jetzt das Buch von Cunningham angefangen und warte gespannt auf den Gardner. Ich quasi zum Beginn meines Spirituellen Weges zurückgekehrt – doch ohne mich Wicca zu nennen Gruß in die Schweiz, Rabenzahl 

  3. Genau für diese Haltung möchte ich Dir danken, das ist eines der Dinge die ich gelernt habe an Dir so Wert zu schätzen.  Dass es einmal ausgesprochen ist, ………… diese Kraft die Du verströmst, den Weg den Du gehst in Deiner von Dir gewählten Form im Ausdruck als Hexe, hat mir zusätzlich geholfen in diesem Bereich die Kräfte in mir zu ordnen und besser zu definieren. Das gilt auch für das erdspirit-Forum als solches. Ich schätze Dein pendeln zwischen Menschlichkeit, Ehrlichkeit, Stärke und Schwäche, und in welche Klarheit Du es immer wieder schaffst, Deinem Inneren Ausdruck zu geben in geschriebenen Worten. Herzlicher Gruss Wolf

  4. Da kann ich mal wieder nur zu allem nicken, zu deinem Text wie auch zu den Kommentaren. Ich hatte schon ähnliche Gedanken, was die Politik anbelangt. Eigentlich ist es fast witzlos, der Partei beizutreten, die der eigenen Gesinnung am nächsten kommt. Eigentlich wäre es sinnvoller, genau dort Mitglied zu sein und sich aktiv zu betätigen, wo der Gegenwind am grössten ist – in meinem Fall wäre das die SVP oder die SD. Als Vollmitglied würde einem zumindest mehr zugehört, und dann könnte man beim Argumentieren und Diskutieren vielleicht sogar neutralisierend wirken. Wenn man die Geschichte der SVP anschaut, so herrschte da einst ein ganz anderer Wind – die SVP war sozusagen die Vorläuferin der SP und ziemlich links gerichtet, kaum zu glauben. Wie es scheint, sind dort inzwischen die humanen und vernünftigen Kräfte abgesprungen, und "SVP" ist heute ein Begriff, der ganz anders empfunden wird als in seinen Anfängen. Also nicht dass noch jemand denkt, ich wolle "Wicca" mit "SVP" gleichsetzen, es war nur so ein Gedanke, weil Diktatur, Dogmatismus und Machtbesessenheit einfach überall Oberhand gewinnen, wenn man ihnen einfach so das Feld überlässt. Grüessli. Hila

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